Quantcast
Channel: ORBilu Collection: Literature
Viewing all articles
Browse latest Browse all 1375

Ritter, Gürtel, Lanze und ein grîfliches Unbehagen – Narrative Verrätselung im Erzählanfang des "Wigalois" Wirnts von Grafenberg

$
0
0
Titre: Ritter, Gürtel, Lanze und ein grîfliches Unbehagen – Narrative Verrätselung im Erzählanfang des "Wigalois" Wirnts von Grafenberg

Auteur, co-auteur: Bendheim, Amelie

Résumé: Ein gelingender Prozess textlich initiierter Kommunikation erfordert sowohl das Generieren eines logisch-strukturierten Interesses oder objektiven Horizonts (aus gesellschaftlichen Konventionen, Gattungsvorstellungen, literarischen Mustern und Normen) als auch ein subjektiv-affektiv gesteuertes Lustempfinden.1 Während der mhd. Textanfang, insbesondere durch die rhetorisch-theoretische Konzeption des Prologs, ersterem nachkommt, scheint er die emotional motivierte Lust am Text2 auf den ersten Blick generell vermissen zu lassen. Über den Nachweis des Rätselhaften, das Wirnt von Grafenberc als wesentliches Gestaltungsmittel in den Erzählanfang seines nachklassischen Romans „Wigalois“ inseriert, soll diesem Prädikt entgegengearbeitet werden. Als grîflich (greifbar) ungrîfliches (Unbegreifliches) wird das Rätselhafte in der Erscheinung des unbekannten Ritters präsent, der, mit Gürtel und Lanze ausstaffiert, an den Artushof, Königin Ginover entgegen- und damit in die vorgeschichtliche Welt des Romans hineinreitet. Die Fragwürdigkeit seines Auftretens deutet auf eine implizite, erotische Begehrensstruktur hin, die des Rätsels Lösung dabei zugleich zur Aufdeckung einer tiefer im höfischen System verwurzelten Problematik werden lässt. Gegen die Betrachtung des Gürtels als „blindes Motiv“ geht mit der Deutung seiner Unbestimmtheit ein Verständnisgewinn einher, der dem Rezipienten zudem einen Hinweis auf die Erzählstruktur liefert – noch bevor der Held selbst auf der Erzählfläche erscheint. Der hier skizzierte Vortrag wirft einen akribischen Blick in den textlichen Anfangsrahmen und eröffnet eine Perspektive auf den mhd. Erzählanfang, die sein spannungsgenerierendes Potenzial offenlegt. Anhand der Figur des rätselhaft bepackten Ritters, so die These, lässt sich verdeutlichen, dass mhd. Romane auf Muster der Spannungserzeugung zurückgreifen, die mitunter als anthropologisch konstante Erzählweisen verstanden werden können.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 1375